Die Geschichte des Ortes

Ca. acht Kilometer südöstlich von Eschwege liegt die Ortschaft Hoheneiche am Schnittpunkt zweier Bundesstraßen ( B 7 Kassel – Leipzig; B 27 Fulda – Göttingen), die bis zum Bau der Umgehungsstraße 1956 durch den Ort führten. Auch heute befindet sich Hoheneiche noch in einer für Durchreisende günstigen Lage: so führen zwei Pilgerwege (Elisabethpfad und Jakobsweg) und zwei Radfernwege (Herkules – Wartburg Radwanderweg und R5) durch unseren Ort.
Im Jahre 1233 wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt und konnte daher im Jahre 1983 das 750-jährige Jubiläum feiern. Die Herren von Boyneburg hatten ein Vorwerk mit umfangreichem Landbesitz in Hoheneiche. Daneben sind schon für das Jahr 1271 Besitzungen des Klosters Germerode in dem Ort nachgewiesen. Im Verlauf des 30-jähriugen Krieges büßte Hoheneiche zahlreiche Gebäude und Menschen ein. Nach Kriegsende (1648) wird noch von etwa 30 Personen berichtet, die in dem verwüsteten Dorf lebten. Nach der Ortsbeschreibung von 1744 sind in Hoheneiche wieder 281 Personen ansässig.
Nach dem Tode des letzten männlichen Sprosses der Linie v. Boyneburg-Honstein erbte im Jahre 1803 dessen Schwester Christine, die einen v. Baumbach geheiratet hatte, das Gut in Hoheneiche. Die Familie v. Baumbach erweiterte den Gutsbetrieb durch den Kauf zweier großer Bauernhöfe (später „Eckhaus" und „Gutshaus"). So stellte das Gut einen wichtigen Wirtschaftsfaktor für Hoheneiche dar, bis es im Jahre 1953 aufgelöst wurde. Das sog. v. Baumbach´sche Forsthaus, ein ansehnlicher Fachwerkbau, befindet sich noch heute im Besitz der Nachkommen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Hoheneiche an die Bahnstrecke Göttingen – Bebra angeschlossen (Bau des Bahnhofes mit Empfangs- und Lagergebäude im Jahre 1876). So konnte sich der Ort zu einem lokalen Verkehrsknotenpunkt entwickeln, der auch „das Tor zum Ringgau“ genannt wurde. Seit 1972 ist Hoheneiche ein Ortsteil der Gemeinde Wehretal, deren Verwaltungsmittelpunkt der Ort Reichensachsen ist.
Hoheneiche hat heute 675 Einwohner. Der Ort ist durch einen historischen Ortskern gekennzeichnet, der neben einer Reihe sehenswerter Fachwerkhäuser auch einige Kulturdenkmäler enthält.

Rundgang durch den historischen Ortskern
1.       Kulturzentrum
a)       Dorfgemeinschaftshaus (mit Jugendzentrum)
b)       Feuerwehrgerätehaus
c)       Kindergarten
2.       Das v. Baumbach‘sche Fachwerkhaus (mit sehenswerter Gartenanlage)
3.       Die Mühlbachbrücke
4.       Die Obermühle (mit ehemaliger Pulvermühle)
5.       die St. Martinskirche (mit Anger)

1. Kulturzentrum

1 a. Dorfgemeinschaftshaus (mit Jugendraum)

Das Hoheneicher Dorfgemeinschaftshaus ging aus der ehemaligen zwei-klassigen Volksschule Hoheneiche hervor. Das neue Schulgebäude wurde von den Schulkindern im Jahre 1938, ein Jahr vor Beginn des 2. Weltkrieges, bezogen und galt als eines der schönsten Schulgebäude des Altkreises Eschwege. Dieses Gebäude wurde für den Schulbetrieb bis 1969 genutzt, dann wechselten die Hoheneicher Schüler nach Reichensachsen über und besuchten die dortige Mittelpunktschule (heute: Friedrich-Ebert-Schule)
Das ehemalige Schulgebäude wurde dann im Jahre 1978 zum Dorfgemeinschaftshaus umgebaut und entsprechend erweitert. Im Januar 2006 wurde im Dachgeschoss des Gebäudes ein Jugendzentrum eingeweiht. Im Rahmen des Dorferneuerungsprogrammes ist ab 2009 neben einer Renovierung des gesamten Gebäudekomplexes auch eine Erweiterung vorgesehen.

1 b. Feuerwehrgerätehaus

Das Feuerwehrgerätehaus wurde 1955 fertiggestellt. Seine ursprüngliche Verwendung war multifunktional. Neben den Räumen für die Feuerwehr befand sich links im Erdgeschoss das damalige Bürgermeisteramt. Das Dachgeschoss wurde ursprünglich von der gegenüberliegenden Volksschule als Turnhalle genutzt. Im Jahre 2004 wurde an das Feuerwehrgerätehaus eine Garage für ein modernes Löschfahrzeug angebaut. Das gesamte Gebäude liegt heute in der Obhut der Freiwilligen Feuerwehr Hoheneiche

1 c. Der Kindergarten

Der Kindergarten Hoheneiche wurde im Jahre 1968 in Betrieb genommen. In 2003 wurde das Gebäude aufgestockt (im Rohbau). Seit 2003 hat der Kindergarten den Namen „Kindergarten Eichenzwerge“ erhalten. In Zusammenarbeit mit den Eltern ist der dazugehörige Spielplatz 2007 neu gestaltet worden. Gegenwärtig besteht der Kindergarten aus zwei Gruppen mit 20 – 25 Kindern. Das Betreuungsteam setzt sich aus drei Erzieherinnen und einer Kinderpflegerin zusammen.

2. Das v. Baumbach’sche Haus (mit sehenswerter Gartenanlage), Leipziger Str.28

Das sogenannte v. Baumbach’sche Forsthaus ist das älteste erhaltene Wohnhaus in unserem Ort. Das Erbauungsdatum lässt sich am Türsturz ablesen: 4. Mai 1633. Der Fachwerkverband wird besonders durch die Mannfiguren an den Eckständern hervorgehoben. An den sogenannten Quergebälken treten reiche Schnitzereien hervor. Die Inschriften an den Obergeschossschwellen sind heute leider nicht mehr lesbar. Dieser prachtvolle Fachwerkbau ist eine Schöpfung des heimischen Zimmermeisters Lorenz Heckmann.
Der Anbau des giebelständigen Wohnhauses mit ortprägendem Charakter entstammt dem 18. Jahrhundert. Das Haus befindet sich heute im Besitz der Familie Helmert. Sie hat in den beiden letzten Jahrzehnten das zum Haus gehörige Grundstück (6000 m²) in eine weit über den Ort hinaus bekannte Gartenanlage umgestaltet, die einen besonderen Zauber zur Zeit der Rosenblüte entfaltet.
Die Gartenanlage ist für Besucher zugänglich am „Tag des offenen Gartens“ und nach telefonischer Vereinbarung mit den Besitzern.

3.Die Mühlbachbrücke (Leipziger Straße)

Die „Mühlbach-Brücke“ über die die Leipziger Straße geführt wird, dient noch heute ihrem ursprünglichen Zweck. Sie gehört zu den ältesten, erhaltenen Brücken Nordhessens. Die Brücke selbst ist aus Sandsteinquadern verschiedenen Formats gemauert. Im Gegensatz zu den übrigen Quadern sind die des Gewölbes besonders sorgfältig gearbeitet. Die beiden im Scheitel des Gewölbes sitzenden Schlusssteine springen an Ober- und Unterlauf leicht hervor. Der Schlussstein des Unterlaufes zeigt das Monogramm FR ineinander verschlungen, darüber eine Königskrone. FR ist die Abkürzung für Fridericus Rex. Gemeint ist der Erbauer der Brücke, Landgraf Friedrich I. von Hessen-Kassel, der durch Heirat König von Schweden geworden war. Anno 1741 erbaut, ist das Brückenbauwerk aus geschichtlichen Gründen ein Kulturdenkmal.

4.Die Obermühle (Kniestrasse 7, früher Hundegasse)

Die Obermühle war primär Mehl- und Ölmühle, hatte jedoch auch einen Holzschneid-, sowie einen Poch- und Schleifgang, die abwechselnd von einem zweiten Rad betrieben wurden. Heute besteht hier noch eine Turbine zur Erzeugung von Elektrizität, ein Wasserrad existiert nicht mehr.
Zur Obermühle gehörte von 1770 – 1872 eine Pulvermühle, die Schieß- oder Schwarzpulver für hessische Armeen lieferte. Sie befand sich aus Sicherheitsgründen 500 Meter flussaufwärts der Sontra. Die Grundbestandteile des Pulvers waren Kali- Salpeter, Holzkohle und Schwefel.
Das zur Obermühle gehörige Wohnhaus ist ein repräsentativer Fachwerkbau, der um die Mitte des 17. Jahrhunderts vom heimischen Zimmermeister Lorenz Heckmann erbaut wurde. Das Quergebälk ist mit reichen Schnitzereien verziert. An Rähm und Obergeschossschwelle (auch an den Giebelwänden) finden sich Inschriften aus Gesangbuch und Bibel. (Lied EKG 207 V. 1 + 2; Psalm 127 und Psalm 130).

5. Die St. Martinskirche (Fuhrgraben 2)

Die St. Martinskirche von Hoheneiche prägt eindrucksvoll die Silhouette des Ortsbildes. Sie stellt eine kunsthistorische Kostbarkeit dar, deren Bedeutung für unseren Ort nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die Kirche ist ein kultureller Mittelpunkt unseres Ortes dessen Ausstrahlung weit über das Dorf hinausgeht. Von der Martinskirche aus lassen sich Spuren aufnehmen zu vier großen Deutschen: zur heiligen Elisabeth, zu Luther, Bach und Goethe. Im 20. Jahrhundert wirkte der bekannte Theologe, Arzt und Maler Dr. Kurt Reuber hier als Pfarrer, hier wurden zwei bedeutende Repräsentanten der evangelischen Kirche von Kurhesssen – Waldeck getauft und konfirmiert: Prälat Karl Hilmes und Bischof D. Erich Vellmer.
Kein Zufall ist es auch, dass sich über dem Chorbogen – direkt unter dem Gewölbe an der Stirnwand – ein Förderer der Hoheneiche Kirche in einer von zwei Löwen gehaltenen Wappenkartusche mit aufgesetzter Königskrone und dem Monogramm F.R. (=Fridericus Rex)zeigt. Es handelt sich hierbei um den Landgrafen Friedrich I. von Hessen-Kassel, der durch Heirat König von Schweden geworden war. Er ist übrigens ein Nachfahre der heiligen Elisabeth.
Nicht zu übersehen sind in Hinblick auf die Baugeschichte der Kirche vier unterschiedliche Baustile: Romanik, Gotik, Renaissance und Barock.
Auch das 1991 von dem Glasmaler E. Jakobus Klonk aus Wetter bei Marburg entworfene und eingebaute, farbige Altarfenster lohnt eine genauere Betrachtung.
Für unseren Ort von besonderer Bedeutung sind die künstlerischen Darstellungen der Hoheneicher Kirche. Der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe zeichnete am 21. August 1801 die „Kirche in Hoheneiche bei Eschwege“. Er war auf der Rückreise von einer Pyrmonter Badekur und speiste zusammen mit Sohn August und Lebensgefährtin Christiane Vulpius im der Kirche gegenüberliegenden Gasthaus Eschstruth.
Der über unsere Region hinaus bekannte Maler Wilhelm Schott aquarellierte im frühen Herbst des Jahres 1956 die „Kirche und Häuser in Hoheneiche“, nachdem er zuvor eine genaue Bleistiftzeichnung angefertigt hatte. Eine Kopie der Goethe- Zeichnung und das Original des Schott-Aquarells können im Dorfgemeinschaftshaus Hoheneiche bewundert werden.

5.1 Die St. Martinskirche zu Hoheneiche (baugeschichtlicher Überblick).

Chorturm: 1. Hälfte des 14. Jahrhundert entstanden. Der für unsere Gegend typische Fachwerkaufbau stammt aus dem 16. Jahrhundert (1562). Der massive Teil des Turmes ist 12,80 m hoch. Die Schießscharten deuten auf den ehemaligen Wehrcharakter des Turmes hin. Zusammen mit der Glockenstube und dem Dachreiter erreicht der Turm eine Höhe von ca. 23 m.Kirchenschiff: im Kern romanisch, erreicht es heute eine Länge von 13,20 m und eine Breite 8,38 m. Sein Mauerwerk hat eine Stärke von 0,84 m, ein für mittelalterliche Landkirchen geläufiges Maß.

  • Nordwand: Tympanon mit Kreuz auf einem Welt-Bogen, originaler Zugang („Elisabeth- Portal“)zur hochmittelalterlichen Kirche (1.Viertel des 13. Jahrhunderts). Einziges heute bestehendes Fenster in der Nordwand (18. Jahrhundert): Es wird gerahmt von den beiden Teilen eines Grabsteins aus dem Dreißigjährigen Krieg (s. Inschrift).

  • Nord- und Südwand: zugesetzte romanische Fensterbögen, freigelegt nach der letzten Kirchenrenovierung (1981).

  • Chorraum: Kreuzrippengewölbe, Schlussstein zeigt vierteilige Rosette; ursprünglich spätgotische Fenster, aus denen das Maßwerk herausgenommen wurde. Im Chorraum befindet sich die Altarplatte, einziges Ausstattungsstück aus vorreformatorischer Zeit.

  • Weitere Ausstattung der Kirche: Taufstein 1571; Kanzel um 1660, die einzelnen Felder sind mit einer nach Renaissance-Manier dekorierten Füllung geschmückt; barocke Orgel 1730 von Johann Eberhard Dauphin aus Mühlhausen in Thüringen.

    Große Außen und Innenrenovierung: In den Jahren 2008 und 2009 wird das gesamte Kirchenschiff einer gründlichen Außen- und Innenrenovierung unterzogen.


  • Autor: Bernhard Hermann Roth